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Lebensversicherung kündigen

Erfahren Sie in diesem Artikel

  • warum jede zweite Lebensversicherung vorzeitig gekündigt wird
  • welche Alternativen zur Kündigung sinnvoller sind
  • warum eine Vertragsprüfung bei Ihnen Sinn macht
  • wie Sie im Schnitt dadurch 3.000 Euro sparen können

von Dr. Steffen Schaarschmidt

| Lesezeit: ca. 12 Min.

Welche Alternativen sind sinnvoller?

Mehr als die Hälfte aller kapitalbildenden Lebensversicherungen wird gekündigt, bevor bei Ablauf die Frage "Kapital oder Rente wählen" ansteht. Die Gründe dafür sind vielfältig, meist werden die versprochenen Leistungen und Überschüsse nicht erreicht, oder die Kosten dieser Vorsorgeform stellen sich nach Abschluss als zu hoch heraus.

In vielen Fällen ist die vorzeitige Auszahlung mittels Kündigung nicht die beste Option zur Auszahlung. Je nach Ausgangslage kann eine der folgenden Optionen für eine Auszahlung die sinnvollere Alternative sein (mehr dazu weiter unten im Artikel):

  • Lebensversicherung kündigen
  • Lebensversicherung verkaufen
  • Lebensversicherung beitragsfrei stellen
  • Lebensversicherung fortführen
  • Lebensversicherung rückabwickeln

 

Viele Dienstleister bieten dafür Versicherungsnehmern ihre Unterstützung an. Es ist für Betroffene wichtig zu wissen wer welche dieser Optionen tatsächlich berücksichtigt, und wer dabei welche Interessen verfolgt. In der folgenden Tabelle sind die Anbieter aufgelistet, die mit einer Vertragsprüfung werben. Wir zeigen Ihnen auch, wer wir sind und was unsere Leistungen von anderen Dienstleistern unterscheidet.

 

Tabelle 1: Welche Anbieter welche Option für eine abgeschlossene Lebensversicherung prüfen

Versicherungsmakler bzw. -vermittler (ca. 140.000 bundesweit) erhalten für jeden beitragspflichtigen, aktiven Lebensversicherungsvertrag Bestandesprovisionen aus den bezahlten Prämien. Offensichtlich besteht bei diesen Marktteilnehmern das Interesse, dass in einmal verkaufte Lebensversicherungen weiter Beiträge eingezahlt werden. Eine unabhängige Beratung zu Ausstiegsoptionen kann hier aufgrund der Vergütung durch das Versicherungsunternehmen grundsätzlich nicht erwartet werden.

 

Rechtsdienstleister haben sich seit der einschlägigen Rechtsprechung des BGH im Jahr 2013 zu fehlerhaften Widerrufsbelehrungen oder Verbraucherinformationen auf die Rückabwicklung (Widerruf/Widerspruch/Rücktritt) eines Lebensversicherungsvertrages spezialisiert. Weitere Optionen neben der Rückabwicklung werden in der Regel – auch bei Anwälten - nicht gründlich geprüft, obwohl diese für den Versicherungsnehmer oft die ökonomisch sinnvollere Alternative zur Klage wäre. Außerdem haben sich die Erfolgsaussichten einer Klage in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert, so dass hier oftmals teure Klagen ohne klare Erfolgsaussicht eingereicht werden.

 

Sogenannte Aufkäufer bieten einen Zweitmarkt für kapitalbildende Lebensversicherungen an. Sie kaufen die Lebensversicherung zu einem höheren Kaufpreis als dem Rückkaufswert, der bei Kündigung ausgezahlt werden würde. Auch diese agieren nicht immer im besten Interesse des Kunden, obwohl der Verkauf oftmals höhere Beträge erzielt als eine reguläre Kündigung.

 

Im ausschließlichen Interesse der Versicherungsnehmer tätig und wirklich unabhängig sind nur gesetzlich zugelassene Versicherungsberater mit Erlaubnis gemäß §34d Abs. 2 GewO. Auch das Aktuariat Dr. Schaarschmidt zählt zu den bundesweit 333 Versicherungsberatern (Stand 01.01.2023) mit gesetzlicher Zulassung für die unabhängige Honorar-Versicherungsberatung. Versicherungsberater prüfen unabhängig alle Optionen zur Auszahlung für den Versicherungsnehmer, und werden nicht von Dritten vergütet, sondern ausschließlich vom Versicherungsnehmer selbst. Da bei einer Vertragsprüfung immer auch die Rendite eines Alternativproduktes (z.B. von einem ETF-Sparplan) ein wichtiges Kriterium für die Bewertung der Optionen darstellt, sollte der Versicherungsberater auch fundiertes Wissen bei Nicht-Versicherungsprodukten besitzen. Hier gibt es mit dem Aktuariat Dr. Schaarschmidt bundesweit lediglich sehr wenige gesetzlich zugelassene Honorarberater, die die notwendige Sachkunde und Erlaubnis zur Beratung in beiden Bereichen besitzen.

 

Tabelle 2: Anzahl Erlaubnisinhaber mit Beratung zu Versicherungen und Finanzanlagen (Stand: 01.01.2023)

Eine Lebensversicherung zu kündigen oder zu verkaufen hat weitreichende Konsequenzen. Neben steuerlichen Auswirkungen bei der Auszahlung sind auch die wegfallenden Leistungen im Todesfall oder bei Berufsunfähigkeit zu berücksichtigen und bei Bedarf neu abzuschließen. Daher ist eine sorgfältige individuelle Prüfung nötig, welche Leistungen und Absicherungen weiter gebraucht werden, und auf welche zukünftig verzichtet werden kann. Auch der Abschlusszeitpunkt der kapitalbildenden Lebensversicherung ist ausschlaggebend für die Bewertung der Optionen. So änderte sich 2005 das Steuerregime für Lebensversicherungen grundlegend, und führt für Abschlüsse vor 2005 zu einer Steuerfreiheit der Erträge bei einer Kapitalauszahlung. Die Steuerfreiheit ist gerade bei gut verzinsten Altverträgen unter gewissen Umständen trotz hoher Gebühren attraktiv.

Dass die Kündigung oder der Verkauf bei weitem nicht die beste Option für alle ist, zeigt der Blick in die letzten durchgeführten 10 Vertragsprüfungen (Stand 02/2023) in Tabelle 3: Alle genannten Optionen waren in mindestens einer Vertragsprüfung für den Versicherungsnehmer die sinnvollste Option. Der geldwerte Vorteil der sinnvollsten Option im Vergleich zur Fortführung liegt dabei fast immer im vierstelligen Bereich (durchschnittlich bei rund 3.000 Euro), manchmal sogar im fünfstelligen Bereich.

 

Tabelle 3: Die Konsequenzen für eine bestehende Kapitallebensversicherung

* Es bestehen zusätzliche Anforderungen zu Mindestlaufzeit (12J), Risikoschutz, Mindestbeitragszeit, und Alter

 

Die wichtigsten Kriterien zur Beurteilung der Optionen sind neben dem individuellen Bedarf des Versicherungsnehmers das Jahr des Vertragsabschlusses, die verbleibende Zeit bis zum Ablauf, und die erzielbare Rendite nach Steuern und Kosten in einem Alternativprodukt. Eine grundsätzliche Empfehlung, für welche Verträge welche Option zur Auszahlung die sinnvollste ist, gibt es leider nicht. Es muss zunächst in jedem Fall analysiert werden, welche Option überhaupt in Frage kommt. Im zweiten Schritt wird dann die erwartete Auszahlung der verschiedenen Optionen berechnet, und mit der Auszahlung bei einer Fortführung der Lebensversicherung verglichen. Darauf basierend begründen und empfehlen wir die sinnvollste Option für Ihren Vertrag bei unserer individuellen Vertragsprüfung.

 

 

Im Folgenden zeigen wir Ihnen mehr Einzelheiten zu den einzelnen Optionen und geben Beispiele, für welche Vertrags-Konstellationen diese Option zur Auszahlung in der Regel nicht sinnvoll ist.

 

 

 

Lebensversicherung kündigen

Sie können Ihren Lebensversicherungsvertrag ohne Angabe von Gründen kündigen. Sofern nicht eine bestimmte Form vereinbart ist, genügt ein formloses Schreiben an das Versicherungsunternehmen. Für den Nachweis empfiehlt sich jedoch eine Kündigung mittels Einwurfeinschreiben. Die Kündigung ist jederzeit zum Ende der Versicherungsperiode möglich.

Bei der Kündigung zieht der Versicherer vom angehäuften Vertragsguthaben – man spricht versicherungsmathematisch von Deckungskapital - noch Abzüge wie Stornoabzüge für Zinsrisiko oder Abzüge für nicht amortisierte Abschlusskosten ab, so dass der Versicherungsnehmer bei Kündigung den tieferen Rückkaufswert als Auszahlung erhält. Je nach Überschusszuweisung und Garantieverzinsung des Vertrags kann dieser Wert tiefer sein als die bisher bezahlten Beiträge. Häufig sind die Kündigung bzw. der Rückkauf nicht die beste Option. Der Versicherungsnehmer verzichtet auf den gängigen Schlussüberschuss, und verliert alle Versicherungsdeckungen zum Vertragsende. Je nach Grund für den Ausstiegswunsch bieten sich verschiedene Alternativen an, die wir im Folgenden beleuchten wollen. Bei der Prüfung einer möglicherweise sinnvollen Kündigung erfragen wir bei Ihrem Versicherungsunternehmen den aktuellen Rückkaufswert, und prüfen diesen auf versicherungsmathematische und -rechtliche Unstimmigkeiten.


Wann ist die Kündigung z.B. nicht sinnvoll?

  • Policen mit Schlussüberschuss kurz vor Ablauf
  • noch keine 12 Jahre seit Vertragsabschluss vergangen
  • Gesundheitsverschlechterung und anhaltender Bedarf für Absicherung der Risiken Tod / Berufsunfähigkeit

 

 

Lebensversicherung verkaufen

Eine weitere Möglichkeit für eine Auszahlung aus dem Lebensversicherungsvertrags ist neben der Kündigung der Verkauf der Police an einen Aufkäufer. Diese Anbieter bieten einen Zweitmarkt für traditionelle kapitalbildende Lebensversicherungen, auf dem Verkaufserlöse erzielt werden können, die bis zu 4% über dem Rückkaufswert liegen. Die Aufkäufer behalten dabei die Police bis zum Ablauf in ihrem Bestand und profitieren dabei weiter von garantierten und nicht garantierten Zahlungen (z.B. Überschüssen) des Versicherungsunternehmens. Hierbei sollten mehrere Anbieter verglichen werden, teilweise ist der angebotene Preis sogar unter dem Rückkaufswert der Versicherung, d.h. die Kündigung wäre in diesem Fall sogar vorteilhafter. Sollte der Verkauf eine der sinnvollen Optionen bei Ihrem Vertrag sein, unterstützen wir Sie bei der Anfrage verschiedener Aufkäufer, damit Sie den höchstmöglichen Verkaufspreis erzielen.


Wann ist der Verkauf z.B. nicht sinnvoll?

  • Fondsgebundene Lebensversicherungen
  • Kleinere Verträge (< 10.000 Euro)
  • Erfolgreiche Aussicht auf Rückabwicklung

 

Lebensversicherung beitragsfreistellen

Wenn Sie zukünftig keine weiteren Beiträge in Ihre Lebensversicherung einzahlen möchten, könnte auch die Beitragsfreistellung eine sinnvolle Option sein. Dabei wird der Vertrag in eine beitragsfreie Versicherung umgewandelt, d.h. die versicherten Leistungen bei Erleben, Tod, und evtl. versicherter Berufsunfähigkeit verringern sich durch die ausbleibenden zukünftigen Versicherungsbeiträge. Bei der Umwandlung selbst werden ebenso wie beim Rückkauf Abzüge vorgenommen. Zusätzlich werden dem Deckungskapital weiter Verwaltungskosten belastet, da der Versicherungsvertrag ja weiter besteht. Dennoch stellt sich diese Option gerade bei alten Verträgen mit hoher Garantieverzinsung als sinnvolle Alternative zur Kündigung bzw. zum Verkauf heraus, gerade wenn die Mindestlaufzeit des Vertrages zur Erzielung der Steuerbegünstigung noch nicht erreicht wurde. Auch in Betracht gezogen werden sollte bei kurzfristigen Zahlungsschwierigkeiten oder Liquiditätsengpässen die Optionen Beitragspause, Stundung, oder Policendarlehen, welche wir weiter unten beschreiben.

 

Wann ist die Beitragsfreistellung z.B. nicht sinnvoll?

  • Kurzfristiger Liquiditätsbedarf
  • alte Verträge mit hoher Garantieverzinsung
  • Noch keine 5 Jahre Beiträge geleistet

Lebensversicherung fortführen

Sehr selten stellt sich heraus, dass die unveränderte Fortführung der Versicherungsvertrags sinnvoll ist. Meistens kann durch eine Anpassung wie z.B. einer Laufzeitverkürzung oder einer Beitragsreduktion oder -freistellung der Vertrag optimiert werden. Bei einem Bedarf für eine weitere Deckung im Todesfall oder bei Berufsunfähigkeit bleibt manchmal keine andere Wahl als die aktuelle Lebensversicherung fortzuführen. Diese Versicherungsnehmer können die Gesundheitsprüfung einer neuen Risikolebensversicherung z.B. durch zwischenzeitliche Krankheit nur mit Zuschlägen und/oder Ausschlüssen durchlaufen, oder erhalten sogar gar keine Risikolebensversicherung mehr.

 

Wann ist die Fortführung z.B. nicht sinnvoll?

  • Abschluss nach 2005 und mehr als 10 Jahre bis Ablauf
  • Kein Bedarf mehr für Risikoschutz (Tod, BU)
  • Versicherungsgesellschaft in Schieflage

Lebensversicherung rückabwickeln

Der BGH hat unter anderem 2014 entschieden, dass bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung oder fehlerhafter Verbraucherinformation der Versicherungsnehmer auch noch weit nach Abschluss der Lebensversicherung und auch nach bereits erfolgter Auszahlung den Vertrag rückabwickeln kann. Rechtlich wird hier je nach Konstellation von Widerruf, Widerspruch oder Rücktritt unterschieden. Der Vertrag wird hierbei angefochten und ist bei erfolgreicher Rückabwicklung somit auch nie wirksam zustande gekommen. Grundsätzlich anfechtbar sind Verträge mit Abschlüssen zwischen 1995 und 2007, jedoch sollte für jeden Fall individuell sorgfältig geprüft werden, ob der Versuch einer Rückabwicklung auch ökonomisch sinnvoll ist. Die Steuerfreiheit der Kapitalauszahlung bei Abschlüssen vor 2005 und die Steuerpflichtigkeit des Nutzungsersatzes bei Rückabwicklungen führt dazu, dass selbst bei höheren Erstattungsbeträgen die Fortführung bzw. die Kündigung nach Steuern die bessere Option darstellt. Dazu kommt, dass in den letzten Jahren die Gerichte tendenziell von Rechtsmissbräuchlichkeit oder zwischenzeitlicher Verwirkung des Rückabwicklungsanspruches ausgehen. Da fast alle Rückabwicklungsversuche vor Gericht landen, geht der Versicherungsnehmer ohne Rechtsschutz ein nicht zu unterschätzendes Prozesskostenrisiko ein. Die Rückabwicklung sollte daher eingehend von einem Experten überprüft und begleitet werden, und die steuerlichen Aspekte sollten von einem Steuerberater beurteilt werden. Wir unterstützen Sie in mit unserer Ersteinschätzung, und empfehlen Ihnen bei positiver Einschätzung zur gerichtlichen Durchsetzung Ihrer Ansprüche einen geeigneten und erfahrenen Fachanwalt für Versicherungsrecht.

Wann ist die Rückabwicklung z.B. nicht sinnvoll?

  • Bei Vertragsabschlüssen vor 1995 und nach 2007
  • Bei Riester- und Rürup-Verträgen
  • Bei hohen zugewiesenen Überschüssen

Weitere Optionen: Beitragsstundung, Policendarlehen, u.a.

Bei kurzfristigen Zahlungsschwierigkeiten oder Liquiditätsengpässen bieten sich neben den oben genannten Standardoptionen auch noch weitere Alternativen für eine Auszahlung an.

Eine Stundung ermöglicht das kurzfristige Aussetzen von Beiträgen, ohne dass der Versicherungsvertrag endet oder umgewandelt wird, und ermöglicht ein Aufschub der Beitragszahlungen. Bei der Stundung sind die gestundeten Beiträge später allerdings auf einmal zu nachzubezahlen.

Ein Policendarlehen bietet sich als Alternative für einen Konsumentenkredit an, sollte allerdings nur gewählt werden, wenn der Kredit zeitnah auch wieder getilgt werden kann. Die Zinsen sind zwar in der Regel bonitätsunabhängig, kumulieren sich allerdings über die Zeit zu einer möglicherweise hohen Schuld mit endfälliger Tilgung. Die Police dient dabei als Pfand, bei klassischen Lebensversicherungen sind Beleihungen bis 100% des Rückkaufwerts üblich, fondsgebundene Verträge sind üblicherweise bis 40% beleihbar.

Eine Reduktion der Beiträge ist dauerhaft und wirkt ähnlich wie eine Beitragsfreistellung auf die garantierten Leistungen des Versicherungsvertrags. Die garantierte Leistung bei Ablauf wie auch die Leistung im Todesfall oder Berufsunfähigkeitsfall sinken entsprechend. Eine Wiedererhöhung der Beiträge ist meist nicht einfach so möglich, hier gilt es einen Blick in die Versicherungsbedingungen zu werfen.

Dr. Steffen Schaarschmidt
Honorarberater und eingetragener Versicherungsberater

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